Warum haben wir eine Island-Fahne im Garten?
Es gab schon einige, die uns auf unseren Islandwimpel an der Fahnenstange im Garten angesprochen haben. Warum ausgerechnet Island? Einer unserer Nachbarn meinte auch schon mal: "Kommt deine Frau aus Norwegen?". Jetzt kennen die uns schon etwas länger und kommen nicht mehr auf eine solche Idee.
Warum Norwegen? Die Flaggen von Island und Norwegen sind im Grunde identisch: Norwegen mit rotem Grund und blauem Kreuz auf weißem Kreuz und Island mit rotem Kreuz auf weißem Kreuz auf blauem Grund. Das kann man schonmal verwechseln ...
Wir waren 1999 kurz entschlossen in Island im Sommerurlaub. Jaja, Sommerurlaub. Das Land war sehr karg und in den ersten Tagen hat es so geregnet, dass es selbst die GoreTex-Jacke nicht mehr schaffte. Das Wasser stieg einfach von unten auf 🙂 Landschaftlich ein Traum und man kann sicherlich sehr gut zu sich selber finden. Warum? Da gibt es sonst nicht viel mehr als die Landschaft, der Regen und man selbst.
Ich hatte Geburtstag auf Island und wir waren nicht so gut drauf, da das Wetter wirklich nicht mitspielen wollte. Am 22. August haben wir einen Stopp irgendwo an der Südküste gemacht. Ursel hatte ein paar Geburtstagskerzen im Gepäck. Nachdem wir alle Klamotten zum trocknen aufgehängt hatten und ich auch meinen Fotorucksack ausgeleert habe und Kamera, Objektive und den ganzen Kram zum trocknen rausgelegt hatte, haben wir Kuchen gegessen und die Kerzen angemacht. Ich habe mir schlicht besseres Wetter gewünscht. Die Kerzen haben wir nicht ausbrennen lassen, das war noch ein Glück, da wir diese später noch gut gebrauchen konnten.
Am nächsten Tag war das Wetter sehr gut und so sollte es dann auch die nächsten 10 Tage bleiben und wir haben unsere Tour um Island fortgesetzt. Irgendwo habe ich von der Ringstraße aus einen großen Nadelfelsen im Meer stehen sehen. Da wollte ich unbedingt hin. Also haben wir an der nächsten Möglichkeit das Auto abgestellt und ich bin einen steilen felsigen Hang hinunter an den Sandstrand geklettert. "Schwarzer" (ok, eher dunkelgrau-brauner idealisierter) Vulkansand, das Meer und darin der Felsen an dem sich die Wellen brachen. Sehr schön.
Ein paar Minuten bin ich ohne Schuhe durch den Sand gelaufen und habe dies alles auf mich einwirken lassen. Ursel stand dabei oberhalb des Hanges und wartete auch mich. Ich ging zurück und versuchte den Hang wieder herauf zu klettern. Ich hätte mir eine bessere Stelle aussuchen sollen. Beim Versuch mich an einem Felsen den Hang hinaufzuziehen stellte ich verdutzt fest, dass ich mich nicht nach oben, sondern der Felsen nach unten auf mich zubewegt. Da rechnet man ja nicht wirklich mit. Der Felsen war so zwei Meter lang, einen guten Meter hoch und tief. Einen solchen Felsen haben wir auch im Vorgarten liegen. Gewicht so schätzungsweise 1,5 bis 2 Tonnen.
Koordinaten 64.476096N, -14.492777E - August 1999
Was soll man da tun? Ich bin einfach blind rückwärts zurück an den Strand gesprungen und landete mit meinem rechten Fuß etwas vor mir und das linke Bein rund einen Meter nach hinten versetzt. Es hätte auch nicht weniger sein dürfen. Mit einem "rummms" fiel der Felsen auf meinen rechten Fuß. Aber wie heißt es so schön: Glück muss man haben! Ich stand mit dem Fuß in einer Kuhle und der Felsen lag links und rechts neben meinem Fuß auf dem Boden auf. Ich konnte den Fuß einfach unter dem Felsen hervorziehen. Beinahe hätte mich das Ding erschlagen. So ganz ohne ist es dann aber doch nicht abgegangen. Mein rechtes Hosenbein war bis knapp unter dem Knie klitschnass. Das war allerdings kein Wasser, sondern mein eigenes Blut. Mit einer scharfen Kante hatte der Felsen meinen Unterschenkel auf einer Länge von rd. 15 cm ungefähr einen Zentimeter tief aufgeschlitzt.
Als ich dann mit der blutroten Hose den Hang hinaufgeklettert kam, bekam Ursel, die davon nichts mitbekommen hatte, einen riesigen Schreck. Wir sind dann sofort zum Auto und wollten natürlich mein Bein verbinden. Das war dann auch der Moment, in dem wir festgestellt haben, dass es in isländischen Autos keinen Verbandskasten gab. Was machen? Wir haben das Bein mit einem T-Shirt umwickelt und haben dann einen Nylonstrumpf von der Ursel darüber gezogen (wofür hat man eigentlich Nylonstrümpfe in Island dabei, habe ich die Ursel nie gefragt, war aber trotzdem nützlich).
Wir haben uns mit dem Auto direkt auf den Weg in die nächste kleine Stadt gemacht (in Island mehr als 4 Häuser an einem Fleck). Auf dem Weg dorthin haben wir ein paar Studenten in einem VW Bus aus München getroffen. Die haben uns dann mit Verbandsmaterial ausgeholfen und ich konnte das Bein ordentlich versorgen. Die Studenten hatten auch schon von einem kleinen Abenteuer berichten können. Sie hatten versucht mit ihrem VW Bus einen Fluss im Hochland von Island zu furten. Was soll ich sagen, mit einem VW Bus, das kann nur schief gehen. Und so ist es dann auch gekommen. Der Bus stand drei Wochen in Island in einer Werkstatt und die Studenten hatten ihren Bus gerade wieder zurück bekommen. Ein netter Isländer hatte den Bus mit seinem Geländewagen aus dem Fluss gezogen.
Das Bein habe ich in den folgenden 10 Tagen immer wieder neu verbunden und bei unserer Rückkehr aus Island sah mein Bein noch immer so schlimm aus, dass alle meinten ich müsste unbedingt zum Arzt. Zu meinem Glück hatte sich nichts entzündet und die Blutung war später nicht mehr stark. Heute kann man die Narbe an meinem Bein nur noch erahnen.